„Unsere Logistik ist ein Wettbewerbsvorteil.“

Porsche

20.01.2022 - 4 Minuten Lesezeit
Marc Lösken verantwortet die Markenlogistik von Porsche. Seine Wurzeln hat er in der Ersatzteillogistik des Autobauers. Ein Gespräch über die Chance mit der Logistik zu werben, neue Wettbewerber, seine Anforderungen an die Intralogistiker und über die bereits seit dem Jahr 2000 bestehende erfolgreiche Logistik-Partnerschaft mit WITRON.

Frage: Was kann die Markenlogistik von der Ersatzteillogistik lernen?

 

Lösken: Wir können vor allem die Kundenzentrierung von den Kolleginnen und Kollegen der Ersatzeillogistik lernen. Unsere Porsche-Kunden wollen mehr über die Lieferketten wissen. Das Informationsbedürfnis ist gestiegen. Wir müssen die Kundinnen und Kunden zum Fan der Marke machen. Dazu zählt auch die Logistik.

 

Frage: Hat Porsche die Logistik in der Vergangenheit medial oder werblich vernachlässigt?

 

Lösken: Richtig ist, wir müssen mehr aus unserer Logistik machen – auch zum Kunden hin. Über erfolgreiche Logistik-Konzepte wird leider zu wenig in der Öffentlichkeit kommuniziert. Der Kunde setzt quasi voraus, dass die Logistik einwandfrei funktioniert.

 

Frage: Ist die Ersatzteillogistik ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen Wettbewerbern – der Kunde wartet ungern acht Wochen auf einen Außenspiegel!?

"Wir liefern ein Premium-Produkt und müssen auch einen Premium-Service anbieten."

Marc Lösken, Markenlogistik, Porsche AG

Lösken: Beim Erstkauf ist die Ersatzteillogistik vielleicht nicht so entscheidend, aber dann muss die Logistik stimmen. Der Service wird ein Unterscheidungsmerkmal sein. Wir liefern ein Premium-Produkt und müssen auch einen Premium-Service anbieten. Und ja – mit der Elektromobiliät müssen wir das auch als Differenzierungsmerkmal vermarkten. Wir können die Logistik besser als die Wettbewerber.

Frage: Sie haben mehr als 15 Jahre die Ersatzteillogistik von Porsche verantwortet – was hat sich verändert?

 

Lösken: Der Umfang hat sich in dieser Zeit verdoppelt. Wir haben in den frühen 2000er Jahren noch viel analog gearbeitet. Das gehört der Vergangenheit an. Gleichzeitig erleben meine Kolleginnen und Kollegen eine Zunahme der Komplexität und Veränderungen in unseren Märkten. Daher war es wichtig, mit Systemen zu arbeiten, die flexibel mitgewachsen sind.

Marc Lösken, Markenlogistik, Porsche AG

Frage: Aber Außenspiegel bleibt Außenspiegel…

 

Lösken: Das stimmt. Als ich bei Porsche anfing, fokussierten wir uns noch sehr stark auf Europa und Nordamerika. Heute verdienen wir ein Drittel in China. Dazu kommen immer individuellere Handelsregeln. Russland beispielsweise fordert besondere Labels auf den Teilen. Wir müssen Zertifikate hinterlegen. Und mit der Elektromobilität entwickeln wir neue Lieferketten.

 

Frage: Die Komplexität in der Intralogistik steigt.

 

Lösken: Ja, wir müssen die rechtlichen Vorschriften unserer Handelspartner berücksichtigen und das bedeutet auch in der Abwicklung im Lager neue Prozesse.

 

Frage: Von Sachsenheim aus versorgen sie federführend die ganze Welt?

 

Lösken: Das ist unser Zentrallager. Wir bedienen von dort 900 Porsche Zentren weltweit. Deutschsprachige oder französische Kunden versorgen wir direkt. Andere Kundinnen und Kunden bedienen wir über 16 weitere regionale Lagerstandorte. Wir sprechen von 25.000 bis 30.000 Auftragspositionen täglich.

Frage: WITRON hat das Lager automatisiert, kam aber über ein IT-Projekt nach Sachsenheim – was sind die Herausforderungen für die Automatisierung?

 

Lösken: Wir müssen die Tools anpassen. Die Systeme untereinander müssen miteinander sprechen und Daten austauschen. Wir schaffen eine Logistik-IT-Plattform. Wir nutzen Forecasting-Systeme, Energiemanagementsysteme und klassische ERP-Anwendungen. Alle müssen mit einem Waren-Management-System kommunizieren und dort getroffene Entscheidungen ausführen bzw. Vorschläge für eine Optimierung machen. Unser Ziel ist eine durchgängige Plattform.

 

 

Frage: Brauchen Sie in Zukunft noch hochautomatisierte Systeme – die Ersatzteile bei der Elektromobilität gehen ja zurück?

 

Lösken: Wir hatten mal mit einem Drittel weniger Teile kalkuliert. Bis dato hat sich das nicht bestätigt. Wir haben genug zu tun und mit mehr Fahrzeugen in den Märkten benötigen wir auch weiterhin eine automatisierte Logistik im Hintergrund.

WITRON-Technologien im zentralen Ersatzteillager (ZEL) von Porsche

Porsche setzt in der Intralogistik auf langfristige Partnerschaften. Bereits seit dem Jahr 2000 wurden gemeinsam mit WITRON unterschiedlichste Projekte im automatisierten und manuellen Logistik-Umfeld umgesetzt. Herzstück des zentralen Ersatzteillagers in Sachsenheim ist ein hochdynamisches automatisches Kleinteilelager (AKL), für dessen Planung und Realisierung WITRON als Generalunternehmer verantwortlich war. Aktuell werden von dort pro Jahr über drei Millionen Auftragspositionen ausgeliefert. Circa 90.000 verschiedene Artikel bzw. Materialnummern sind im AKL abrufbar, im ZEL in Summe sogar gut 130.000 verschiedene Materialnummern – alles, von der einzelnen Schraube bis zum kompletten Hard-Top. Die Funktionsweise des 27-gassigen AKL (395.000 Behälterstellplätze) wird von WITRON als Order Picking System (OPS) beschrieben. Die Ware-zum-Mann-Lösung ist für das Handling von sehr breiten Artikelspektren, wie im Ersatzteilgeschäft üblich, optimal geeignet. Durch die Flexibilität des Systems können im OPS, wie beispielsweise bei Porsche umgesetzt, sowohl Lagerbehälter mit unterschiedlichen Höhen, mehrfach unterteilte Lagerbehälter und auch Trays mit mehreren Kleinladungsträgern eingesetzt werden. Die ergonomischen, multifunktionellen Pick- und Packarbeitsplätze werden je nach Auftragslast anforderungsgerecht besetzt. Auf diese Weise kann das System flexibel auf Schwankungen reagieren. „Ein Porsche ist ein Premiumprodukt. Unsere Kunden erwarten daher zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort der Welt eine optimale Qualität – auch bei den Ersatzteilen“, sagt Marc Lösken. „Wenn heute ein Händler ein Ersatzteil bei Porsche bestellt, erhält er dies in Europa in der Regel innerhalb von 24 Stunden, in anderen Regionen der Erde innerhalb von 48 Stunden.“ Die minimale Durchlaufzeit im vollautomatisierten Logistikbereich beträgt im regulären täglichen Geschäft rund 60 Minuten. Etwa zwei Drittel aller Artikelpositionen laufen derzeit in Sachsenheim über das AKL. Neben dem automatische Kleinteilelager wurde von WITRON ebenso ein Stapler-Leit-System mit ca. 130 Usern integriert. Es optimiert den Materialfluss vom Wareneingang bis zum Versand unterhalb der SAP-Lagerverwaltung. Des Weiteren gibt es Schnittstellen zwischen WITRON-Lösungen und weiteren Subsystemen.